Huhu ihr Lieben,
unser Sohn geht in eine städtische Kita. Wir schätzen speziell seine Gruppenleiterin sehr und man merkt definitiv, dass sich dort viel Mühe gegeben wird. Dennoch haben wir ein paar grundsätzliche Probleme mit einigen der dortigen Gegebenheiten, nichts Supergravierendes, aber trotzdem doof. Ein paar Beispiele:
- Es gibt regelmäßig Situationen im Tagesablauf, in denen eine schlechte Stimmung herrscht und die Erzieherinnen furchtbar viel schimpfen (vor allem in der Gaderobe). Wenn man zum falschen Zeitpunkt kommt, schlägt einem die schlechte Stimmung förmlich entgegen.
- Die Kinder tun sich selber auf und müssen das auch aufessen. (Das hat dazu geführt, dass unser Sohn mal im Restaurant seine Pommes bis zum Erbrechen in sich reingewürgt hat - zu Hause stört ihn ein noch voller Teller nicht, aber unterwegs galt wohl die gleiche Regel für ihn wie in der Kita).
- Wer sich bei Tisch nicht ordentlich benimmt, kriegt keinen Nachtisch. Dabei ist nicht einmal der Bezug zum Essen immer gegeben.
- Die Kinder müssen sich mittags hinlegen, bis sie "reif genug" sind, um Wachkinder zu sein. Bei meinem Sohn ist das ab nächster Woche der Fall - er wird im November 5 Jahre und macht seit bestimmt 2 Jahren zu Hause keinen Mittagsschlaf mehr #sauer.
- Sobald die Kleinen (es ist ein Kiga für 1-6jährige in gemischten Gruppen) Ansätze zum Selber Anziehen zeigen, wird da m. E. vehement Druck ausgeübt, dass sie das auch tun sollen, selbst wenn sie gerade lieber Hilfe haben mögen. Offiziell heißt es, es werde zur Selbständigkeit angehalten, aber auf uns wirkt es definitigv nach Stress für alle Beteiligten.
- Generell wird uns recht viel bestraft, geschimpft, kritisiert, in die Küche oder Gaderobe gesetzt. Es herrscht einfach ein Erziehungskonzept vor, mit dem wir uns nicht ganz identifizieren können.
- Wir sind aber in unseren Vorstellungen nicht hinreichend gefestigt und lassen uns dadurch immer wieder irritieren. Wir finden z. B. die Kloeters toll, bräuchten aber Hilfe bei der Umsetzung und nicht Gegenwind. Vor allem früher habe ich immer wieder die Kita als Vorbild genommen, was aber nicht gut geklappt hat.
So. Das stört uns. Dummerweise liegt die Kita nur 300 Meter von zu Hause entfernt, hat super Öffnungszeiten, einen tollen Ruf. Da fällt es schwer, das Kind herauszunehmen, zumal es auch wirklich tolle Seiten an der Kita gibt.
Es gibt einen freien aktiven Kindergarten als Alternative. Großer Nachteil: Er liegt ca. 7 Kilometer von unserer Wohnung entfernt, wir fahren Fahrrad. Wenn das nächste Kind da ist, möchte ich dem Neugeborenen keine knappen 2 Stunden täglich im Anhänger zumuten, nur zum Kingergartengondeln. Aber wir suchen gerade eh nach einer größeren Wohnung.
Mein Mann hat jetzt gestern dort hospitiert. Sein Eindruck ist generell positiv, insbesondere herrscht ein grundsätzlich respektvoller Umgang mit den Kindern vor und man merkt einfach ein anderes Menschenbild. Es wurde während der ganzen Hospitationszeit z. B. nicht einmal geschimpft.
Aber auch da stören uns ein paar Dinge, und hier wüsste ich gerne von euch, wie ihr das bewertet. Insbesondere interessiert mich auch die Meinung von den Montessorierfahrenen hier, denn davon sind wir große Freunde und der Kindergarten ist auch montessoriorientiert:
- Es gibt keine festen Punkte im Tagesablauf, keinen Singkreis, nichts, was die ganz Gruppe gemeinsam täte. Die Erzieherinnen hätten das zwar gerne, aber die Kinder wollen nicht :D. Wird respektiert. Ich fände aber solche Fixpunkte so schön.
- Überhaupt sind die Kinder extrem frei. Es wird schon protestiert, wenn mal die ganze Gruppe zusammen auf den Spielplatz gehen soll und keiner zurückbleiben darf. Die Kinder entscheiden selbst, wenn und wie angezogen sie rausgehen.
- Die Erzieherinnen halten sich sehr zurück, auch bei Konflikten und Entscheidungsfindungen. Super, nur fragen wir uns, wie sehr das dazu führt, dass die dominanten Kinder das Geschehen prägen und die Stillen untergehen?
- Es gibt viel Montessorimaterial, aber gearbeitet wird damit nicht so viel. Momentan hat keine der Erzieherinnen das Montessori-Diplom.
- Insgesamt scheint dem Ganzen ein bisschen die Struktur zu fehlen, vieles fragmentisiert sich zu Kleingrüppchen, auch die Erzieherinnen arbeiten nicht immer perfekt Hand in Hand (z.B. wurde mein Mann erst dazu eingeladen, einer Geburtstagsfeier in der Gruppe beizuwohnen, und anschließend von einer anderen Erzieherin wieder ausgeladen, weil man unter sich feiern wolle).
- Mein Mann war beim Hospitieren schon ein bisschen überfordert. Er hatte schon ein bisschen den Eindruck von einem außer Rand und Band geratenen Kindergeburtstag kurz vorm Abholen (allerdings vor allem im Toberaum, da kommt man gleich als Erstes rein). Ob da die Introvertierteren nicht untergehen?
Der Umgang mit den Kindern ist aber wirklich respektvoll, die Räumlichkeiten sind sehr schön, das Menschenbild scheint einfach zu passen. Die Kinder wirkten selbständig und kompetent.
Oh, so lang geworden ... Es ist ein bisschen eine Luxusentscheidung, trotzdem wären wir über eure Eindrücke beim Lesen dankbar, weil es doch eine Grundsatzentscheidung für uns ist, die evtl. mit nicht wenig Umstand verbunden ist. So, und jetzt muss ich schnell los, eine Wohnung besichtigen, die näher am entsprechenden Kindergarten läge :D.
Alles Liebe,
euer Stauferlein